Buhlendorfer Erklärung

Die Stadt Zerbst/Anhalt und Landwirte der Region haben sichunter Mitwirkung des Fördervereins Großtrappenschutz e.V. und der Bürgerinitiative „Zerbst blüht auf“ in einer gemeinsamen Erklärung darauf verständigt, die kommunalen Feldwegränder im Vogelschutzgebiet Zerbster Land zukünftig weniger intensiv zu mähen. Hintergrund ist eine stärkere Beachtung des regionalen Natur- und Artenschutzes. Dies ist erforderlich, da Wegränder wichtige Lebensräume mit vielfältigen Funktionen für Feldvögel und Insekten in der intensiv bewirtschafteten Feldflur darstellen.

Aus diesem Grund wird eine Ruhezeit zwischen Anfang Mai und Mitte August vorgegeben, in der eine Mahd der Wegränder ausgesetzt bleibt, um Nahrungs-, Brut- und Rückzugsräume für Großtrappe, Rebhuhn & Co zu schaffen. Um die Interessen aller Betroffenen von Beginn an zu wahren, haben die Landwirte bei der Ausarbeitung des Papiers mitgewirkt. Die Unterzeichner der „Buhlendorfer Erklärung“ bekunden ihren aktiven Willen, im Sinne der Förderung gefährdeter Tier- und Pflanzenarten miteinander zu kooperieren und einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Biodiversität in der Agrarlandschaft zu leisten.

Die Erklärung im Wortlaut:

„Buhlendorfer Erklärung“

zwischen der Stadt Zerbst/Anhalt
und den im Europäischen Vogelschutzgebiet „Zerbster Land“ wirtschaftenden Landwirtschaftsbetrieben zur naturnahen Pflege kommunaler Wegränder

1. Vorbemerkungen
Die Stadt Zerbst/Anhalt ist Eigentümerin von Flurstücken im Europäischen Vogelschutzgebiet (EU-SPA) „Zerbster Land“, auf deren Flächen für den land- und forstwirtschaftlichen Verkehr gewidmete Wege liegen, die der Erreichbarkeit der anliegenden agrarisch genutzten Flurstücke dienen. Die an die Wege angrenzenden Ränder gehören in der Agrarlandschaft zu wichtigen Nahrungs-, Brut- und Rückzugsräumen für gefährdete Tier- und Pflanzenarten, insbesondere für Feldvögel und Insekten. Überdies sind sie ein wichtiger Bestandteil des regionalen Biotopverbunds. Durch eine mehrfache und flächige Pflege während der Brut- und Setzzeit werden gefährdete Vogelarten bei der Brut gestört und Insekten in den verschiedensten Entwicklungsstadien dezimiert.

Regelungen zum Erhalt der Feld- und Wegraine sind im Bundesnaturschutzgesetz, im Bundesbodenschutzgesetz sowie im Landeswaldgesetz und in der Natura 2000 Verordnung des Landes Sachsen-Anhalt enthalten. Gemäß Bundesnaturschutzgesetz ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten besonders geschützter Arten zu beschädigen oder zu zerstören.

Eine biodiversitätsfördernde Pflege von Wegrändern dient den Schutzzielen des EU-SPA „Zerbster Land“ und leistet u.a. einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ziele der Biodiversitätsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt und des Insektenschutzprogrammes
des Bundes.

2. Rechtliche Bindung
Diese Erklärung ist eine Selbstverpflichtung der landwirtschaftlichen Betriebe und stellt eine Entlastung der Stadt Zerbst/Anhaltzu Unterhaltungsmaßnahmen an den Wegen dar. Sie begründet keine Rechtsverpflichtung zur Pflege der kommunalen Wegeflurstücke. Die Unterzeichnung der Erklärung ist freiwillig. Die
Einhaltung der folgenden Vorgaben ist gleichwohl bindend. Die Unterzeichner bekunden damit den aktiven Willen der Parteien, im Sinne der Förderung gefährdeter Tier- und Pflanzenarten miteinander zu kooperieren und einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Biodiversität in der Agrarlandschaft zu leisten.

3. Gebietskulisse
Zielgebiet sind die unbefestigten bzw. z.T. befestigten Wegeflurstücke im kommunalen Eigentum innerhalb der Teilgebiete „Schora“ und „Steckby“ des EU-SPA „Zerbster Land“. Die Auflistung und Darstellung der Flurstücke sind Bestandteil der Erklärung.

4. Vorgaben für die Pflege von Wegrändern in kommunalem Eigentum
Die Stadt Zerbst/Anhalt erklärt ihr Einverständnis, dass die Wegrandpflege (Mahd, Mulchen) an den unbefestigten bzw. z.T. befestigten kommunalen Wegen durch die angrenzenden landwirtschaftlichen Bewirtschafter (Pächter oder Eigentümer) unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt. Hierfür finden die nachfolgenden Grundsätze Anwendung:
a. Nach der Ernte einer Winterung (Getreide, Raps) ist es gestattet, den angrenzenden Wegrand feldseitig auf einer Breite von bis zu 1,5 m zu mähen bzw. zu mulchen.
b. Grenzen an die Wegränder Kulturen späträumender Blattfrüchte (Rüben, Mais) an, so ist eine Mahd bzw. ein Mulchen dort nicht zulässig.
c. Für die übrigen Wegrandflächen ist eine Ruhezeit vom 1. Mai bis 15. August einzuhalten.
d. Außerhalb der Ruhezeit können im jährlichen Wechsel bis zu 50 % der Wegränder gemäht bzw. gemulcht werden. Die Mahd bzw. das Mulchen erfolgen im Rahmen der technischen Möglichkeiten auf einer Höhe von 20 – 30 cm.
e. Die Stadt Zerbst/Anhalt stimmt Neuanpflanzungen von Bäumen und Hecken an Wegrändern mit den landwirtschaftlichen Betrieben im Einvernehmen mit der UNB ab. Im EUSPA ist bei Neuanpflanzungen zu beachten, dass diese die Einstandsgebiete der Großtrappe nicht beeinträchtigen.
f. Bei landwirtschaftlichen Arbeiten sind die bestehenden Wegrandgrenzen sorgfältig zu beachten.

5. Evaluation
Die Stadt Zerbst/Anhalt begleitet die Umsetzung der Pflegemaßnahmen. Hierzu kooperiert sie mit dem Förderverein Großtrappenschutz e.V. und setzt sich für die Einhaltung der vorgenannten Pflegestandards ein. Hierfür gilt der Grundsatz Abstimmung und Beratung vor Sanktionierung.

Buhlendorf, 01.06.2022